Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben ist für viele Arbeitnehmende ein immer größer werdendes Muss. Doch können das Unternehmen bieten? Und wie finde ich heraus, ob die Firma Familienfreundlichkeit auch wirklich umsetzt?

In Deutschland gibt es dafür eine Vielzahl von Arbeitgebersiegeln. Beinahe jedes Unternehmen verfügt heute über ein Arbeitgebersiegel, welches sie für eine bestimmte Kategorie auszeichnet. Es gibt unzählige Arten von Auszeichnungen und Preisen. So gibt es beispielsweise Wettbewerbe oder Rankings, für welche es sich zu bewerben gilt oder welche durch unabhängige Befragungen durchgeführt werden. Für manche Siegel genügt bereits die Selbstverpflichtung eines Arbeitgebers (z. B. für ein bestimmtes Verhalten). Außerdem können einige Siegel auch durch gewünschte Audits bzw. Zertifizierungen erlangt werden. Vielzählige Auszeichnungen unterscheiden sich dabei in Hinblick auf Branchen (z. B. Wirtschaft oder Gesundheitswesen) wie auch Regionen (z. B. stadtbezogen oder global). Schließlich sei auch angemerkt, dass viele Zertifizierungen und Siegel mit Kosten verbunden sind (z. B. zur Erlangung des Siegels aber auch für die öffentliche Verwendung). Haben diese Siegel eine wirkliche Aussage, welche sollten Sie, als Arbeitnehmende im Auge behalten und auf welche können sie verzichten? Ein Blick in den Siegelurwald im Bereich Familienfreundlichkeit.

Great Place to Work (Great Place to Work)

Great Place to Work ist eine weltweit anerkannte Organisation, die Unternehmen dabei unterstützt, eine positive Arbeitsplatzkultur zu schaffen und zu pflegen. Das Siegel „Great Place to Work“ (GPTW) wird allgemein als vertrauenswürdig angesehen. Die Organisation verleiht das Siegel an Arbeitgeber, die hohe Standards in Bezug auf Mitarbeiterzufriedenheit, Unternehmenskultur und Arbeitsbedingungen erfüllen. Die Bewertungen von Great Place to Work basieren auf anonymen Mitarbeiterumfragen und einer unabhängigen Prüfung der Unternehmenspraktiken.

Im Sinne des Great Place to Work® Modells zeichnet sich ein sehr guter Arbeitsplatz dadurch aus: dass man denen vertraut für die man arbeitet (Vertrauen), stolz auf das ist, was man tut (Stolz), durch Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness und, dass man Freude an der Zusammenarbeit mit anderen hat (Teamgeist).

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das GPTW-Siegel nicht das einzige Kriterium für die Beurteilung eines Arbeitgebers ist. Es kann ein nützlicher Indikator sein, aber es ist auch ratsam, weitere Informationen über das Unternehmen und seine Arbeitskultur zu recherchieren. Erfahrungsberichte von aktuellen oder ehemaligen Mitarbeitenden, Informationen über das Unternehmen in den Medien und Einblicke in die Unternehmenspraktiken können Ihnen helfen, ein umfassendes Bild des Arbeitgebers zu erhalten.

FAMILIENFREUNDLICHER ARBEITGEBER (DIQP)

Beim Deutschen Institut für Qualitätsstandards und -prüfung e.V. handelt es sich um eine private Non-Profit-Organisation, in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Das DIQP wurde von verschiedenen Unternehmen gegründet, mit dem Ziel hochwertige Qualitätssiegel zu entwickeln. Dabei ist der Verein nur entsprechend seiner Satzung tätig. Zu den Tätigkeiten gehören die Entwicklung verschiedener Qualitätssiegel/ Gütesiegel sowie die Interessenvertretung der Mitglieder. Die Zertifizierung für FAMILIENFREUNDLICHE ARBEITGEBER besteht aus zwei Bausteinen:

Anonyme Mitarbeiterbefragung: Im Prozess der Zertifizierung wird zunächst eine anonyme Befragung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchgeführt, mit dem Schwerpunkt im Bereich der Familienfreundlichkeit.

HR-Interview: Anschließend findet ein HR-Interview (online) statt. Dabei interessieren die Zusatzangebote des Arbeitgebers, welche diesen als familienfreundlichen Arbeitgeber qualifizieren. Unter anderem geht es um die Unternehmenskultur sowie die Planung und Entwicklung.

Die Vergabe des Arbeitgebersiegels FAMILIENFREUNDLICHER ARBEITGEBER (DIQP) kann in drei Notenstufen erfolgen:

  • SEHR GUT (ab 80,00 %)
  • GUT (min. 71,00 % bis 79,99 %)
  • BEFRIEDIGEND (min. 61,00 % bis 70,99 %)

Bei weniger als 61,00 % wird kein Gütesiegel als FAMILIENFREUNDLICHER ARBEITGEBER erteilt.

Damit sich ein Unternehmen mit diesem Siegel schmücken darf, muss es jedoch erstmal Geld auf den Tisch legen. Die Kosten der Zertifizierung sind abhängig von der Unternehmensgröße und werden durch SQC-QualityCert in Rechnung gestellt. Die Zertifizierung inklusive Onlinebefragung gliedert sich auf wie folgt:

  • bis 50 Mitarbeiter = 2.490 Euro netto
  • bis 250 Mitarbeiter = 2.990 Euro netto
  • bis 1000 Mitarbeiter = 3.990 Euro netto
  • ab 1001 Mitarbeiter = ab 4.990 Euro netto

Bei der Bewertung „sehr gut“ werden Sie automatisch zertifiziert. Sollten Sie mit gut oder befriedigend bewertet werden, erhalten Sie die Auswertung der Befragung und können die Zertifizierung ablehnen. Dann wird nur die Befragung (290 Euro) berechnet. 2 Jahren ist das Qualitätssiegel / Gütesiegel FAMILIENFREUNDLICHER ARBEITGEBER dann gültig.

Laut Label-Online handelt es sich um ein besonders empfehlenswertes Siegel. In ihrer Analyse schreiben sie: „Es handelt sich um ein anspruchsvolles Label, das wesentlich zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Betrieben beiträgt. Die Kriterien für die Vergabe des Labels werden von unabhängigen Stellen mitentwickelt, der Vergabeprozess ist transparent. Umfassende und unabhängige Kontrollen machen das Label glaubwürdig. Verstößt ein Labelnehmer gegen die Vergabekriterien, so können ihm Sanktionen auferlegt werden. Verbraucher:innen können alle wichtigen Informationen zum Label kostenlos abrufen.“

Auch wenn FAMILIENFREUNDLICHER ARBEITGEBER ein sehr gutes Siegel dargestellt, sollte eine eigene Recherche zum Unternehmen nicht vergessen werden. Erfahrungsberichte von aktuellen oder ehemaligen Mitarbeitenden, Informationen über das Unternehmen in den Medien und Einblicke in die Unternehmenspraktiken können helfen, ein umfassendes Bild des Arbeitgebers zu erhalten.

Das „audit berufundfamilie“ der gemeinnützigen Hertie-Stiftung

Das Siegel „audit berufundfamilie“ der gemeinnützigen Hertie-Stiftung ist eines der bekanntesten und weit verbreitetsten Siegel für familienfreundliche Arbeitgeber in Deutschland. Dieses Siegel wird an Unternehmen vergeben, die eine nachhaltige Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Die ausgezeichneten Unternehmen setzen beispielsweise auf flexible Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreuungsangebote oder Home-Office-Optionen. Das Siegel ist in der deutschen Arbeitswelt weit verbreitet und genießt einen guten Ruf.

Der Index frägt dabei drei Dimensionen der Familienfreundlichkeit eines Unternehmens ab: Leistung, Dialog und Kultur. Neben der Bereitstellung familienbewusster Leistungen wurde der betriebsinterne Dialog zu Fragen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Kategorie mit aufgenommen. Dabei wird ein Schwerpunkt auf die interne Kommunikation gelegt, der darüber Auskunft gibt, ob und wie sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Unternehmensleitung in Bezug auf eine familienbewusste Personalpolitik abstimmen. Die dritte Dimension ist die Unternehmenskultur, die Aufschluss darüber gibt, inwieweit familiäre Verpflichtungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen akzeptiert werden und ob diese beispielsweise auch von Führungskräften vorgelebt werden. Mit der Erfassung dieser drei Dimensionen geht der berufundfamilie-Index weit über eine ausschließliche Erfassung betrieblicher Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf hinaus.

  1. Selbstbewertungsverfahren: Das „audit berufundfamilie“ basiert auf einem Selbstbewertungsverfahren, bei dem Unternehmen ihre eigenen Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie analysieren und Verbesserungspotenziale identifizieren. Das bedeutet mehr Subjektivität als Objektivität. Es ist möglich, dass Unternehmen ihre Bemühungen überbewerten oder lediglich oberflächliche Maßnahmen implementieren, um das Siegel zu erhalten.
  2. Begrenzte Nachhaltigkeit: Das Siegel wird für eine begrenzte Zeit vergeben und muss regelmäßig erneuert werden. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen ihre Bemühungen nur temporär verstärken, um das Siegel zu erhalten, anstatt langfristig in die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu investieren. Es ist wichtig zu prüfen, ob die familienfreundlichen Maßnahmen eines Unternehmens kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert werden oder ob es sich um kurzfristige Aktionen handelt.
  3. Begrenzte Überprüfung: Das Siegel überprüft die Unternehmen nicht aktiv, sondern basiert auf den Informationen, die das Unternehmen selbst bereitstellt. Eine unabhängige Überprüfung der Umsetzung und Wirksamkeit der Maßnahmen findet nicht statt. Dadurch besteht die Möglichkeit, dass Unternehmen das Siegel erhalten, ohne tatsächlich eine nachhaltige Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu gewährleisten.

Trotz dieser Kritikpunkte bleibt das „audit berufundfamilie“ ein wichtiger Indikator für familienfreundliche Arbeitgeber. Es bietet Arbeitnehmer:innen eine erste Orientierung und signalisiert, dass das Unternehmen zumindest auf dem Papier Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ergriffen hat. Jedoch sollten Arbeitnehmer:innen auch andere Informationen und Feedback von Mitarbeiter:innen einholen, um sicherzustellen, dass das Unternehmen tatsächlich familienfreundlich ist und die gewünschten Bedürfnisse erfüllt.

Neben der Hertie-Stiftung hat auch die Bertelsmann Stiftung Jahre lang das Qualitätssiegel „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ ausgegeben. Dieses hat die Stiftung 2022 jedoch eingestellt. Natürlich gibt es noch viele weitere Güte- und Qualitätssiegel. Die oben aufgeführten sollen jedoch exemplarisch, als Best-Beispiele dienen, an denen Sie sich orientieren können. An dieser Stelle nur zu nennen sind abschließend diese drei:

  • „Top Job“: Das Siegel „Top Job“ wird von der zeag GmbH vergeben und zeichnet Arbeitgeber aus, die eine besonders attraktive Arbeitsplatzkultur bieten, zu der auch familienfreundliche Maßnahmen gehören.
  • „New Work Award“: Der New Work Award wird von der Initiative New Work und XING vergeben. Er zeichnet Unternehmen aus, die innovative und zukunftsweisende Ansätze in den Bereichen Arbeitskultur, Arbeitsorganisation und Mitarbeiterbeteiligung umsetzen.
  • „TOP-Arbeitgeber“: Das Siegel „TOP-Arbeitgeber“ wird vom Top Employers Institute vergeben und zeichnet Unternehmen aus, die sich in den Bereichen Arbeitsbedingungen, Personalentwicklung, Talentstrategie und Mitarbeiterorientierung hervorheben.

Das Employer Branding und Jobportal familienfreundliche-arbeitgeber.de unterstützt Unternehmen dabei, ihre Familienfreundlichkeit für erfolgreiches Recruiting nutzen zu können – für einen optimalen Return on Invest.

Services:

  • Listung als familienfreundlicher Arbeitgeber
  • Familienfreundliche Jobbörse
  • Suchmaschinenoptimierte Artikel
  • Mitarbeiterinterviews
  • Social Media Kampagnen
  • Workshops

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Bild: Pexels